Beschluss:

 

 

 


Herr Schwengers stellt sich und seinen Begleiter „Sascha“ vor, der ein ehemaliges Mitglied der rechten Szene sei. Anschließend gehen sie medienunterstützt auf die große Bandbreite der rechten Szene ein, bevor sie ihre gemeinsame Arbeit in Schwerter Schulen vorstellen.

 

Herr Paul möchte wissen, ob es auch in Schwerte Jugendliche gebe, die der rechten Szene angehören würden.

Laut Herrn Schwengers gibt es auch in Schwerte in allen Schulen Jugendliche, die der rechten Szene angehören, jedoch sei diese Gruppe sehr klein und im Gegensatz zu den 90-er Jahren viel versteckter. So gehörten heute in der Regel Glatzen und Springerstiefel nicht mehr zum Erscheinungsbild der rechten Szene. Herr Schwengers beschreibt den Aufbau dieser Szene am Beispiel einer Zwiebel: Innen gebe es den harten Kern der auch international gut vernetzten und gut geschulten Kader. Als nächste Schale gebe es den zahlenmäßig größeren Aktivistenkreis, dessen Mitglieder z.B. auf Demonstrationen mitfahren und Aktionen durchführen würden. In der äußeren Schale befände sich schließlich der viel größere Personenkreis der Mitläufer heimlichen oder klammheimlichen Sympathisanten. Mit diesen Jugendlichen aus der äußeren Schale habe Herr Schwengers in Schwerte vorwiegend zu tun. Er betont aber auch, dass diese Jugendlichen aus ganz normalen bürgerlichen Familien kommen würden.

 

Frau Dröst fragt, ob die Jugendlichen mit Erwachsenen vernetzt seien und ob diese die Befehle geben würden.

Diese „old school“-Szene gebe es laut Herrn Schwengers auch heute noch, aber für die modernen Rechtsextremisten seien diese Erwachsenen „alte Nazi-Opas“. So kämen viele heutige rechte Bewegungen aus der Musik- und/oder der Internetszene.

 

Frau Matussek möchte etwas über das Einstiegsalter in die rechte Bewegung wissen.

Auf Grund seiner eigenen Erfahrungen und seines eigenen Einstiegs beschreibt „Sascha“ das Einstiegsalter als zum Teil schon ab 10 bis 11 Jahren. Hier spiele natürlich noch nicht die politische Einstellung eine Rolle, sondern der Kontakt werde über Freundschaften innerhalb und außerhalb der Schulen geknüpft. So würden junge Leute z.B. häufig von etwas älteren jungen Leuten in eine Kameradschaft eingeladen und eingebunden, um so die Gemeinschaft zu verstärken. Wenn dann diese Kameradschaft gefestigt worden sei, sei es laut „Sascha“ auch nicht mehr schwierig, bestimmte Einstellungen hinzuzuflechten. Dieses Gedankengut werde dann übernommen und nachgeplappert, um die Kameradschaft nicht aufs Spiel zu setzen.

 

Herr Allendörfer fragt, ob die gleichen Angebote ohne deren rechten ideologischen Hintergrund nicht auch eine Alternative für viele Jugendliche sein könnte.

„Sascha“ verstehe zwar den Grundgedanken der Anregung, glaube aber nicht, dass ein neuer Kickertisch im Jugendzentrum eine Alternative zu einem Wochenende in Belgien mit Schießübungen an einer scharfen Kalaschnikow sei. So seien die „legalen“ Angebote einer Stadt oder Gemeinde keine Konkurrenz zu den möglichen Angeboten der rechten Szene. Er gebe allerdings auch zu bedenken, dass seiner Meinung nach die rechte Szene nicht nur die Freizeitangebote ersetze sondern viel mehr die Familie. So würden viele Jugendliche das Gefühl des Beisammenseins und des gemeinschaftlichen Erlebens aus der eigenen Familien nicht kennen. Hinzu käme, dass sich die Gruppe von allen abkapsele, die nicht der rechten Szene angehören würden, sodass man sich nur noch mit Menschen umgebe, die das gleiche Gedankengut teilen würden und in der Szene verwurzelt seien. So sei eine Rückkehr auch fast ausgeschlossen.

 

Frau Akdeniz möchte wissen, ob die Art der Schule, die die Jugendlichen besuchen würden, eine Rolle spielen würde.

Laut „Sascha“ sei dieses Problem schulübergreifend. Die Ansprache laufe in den Hauptschulen vielleicht eher über den sozialen Status und in den Gymnasien eher über die Zugehörigkeit zu einer elitären Bewegung, in der Aufstiegschancen gegeben seien.

Herr Schwengers ergänzt, dass es für unterschiedliche Zielgruppen auch unterschiedliche Angebote gebe.

 

Auf die Frage von Herrn Wolle wie sich diese Gruppierungen finanzieren würden, antworten Herr Schwengers und „Sascha“, dass auch hier unterschiedliche Möglichkeiten zum Tragen kommen würden. So gebe es z.B. den Vertrieb von Bekleidung, Musik und Propagandamaterial, die finanzielle Unterstützung von kleineren und größeren Unternehmen, aber auch die finanzielle Beteiligung der Jugendlichen.

 

Frau Stellmacher möchte wissen, wie sich die Stellung der Frauen in der Szene verändert habe.

Herr Schwengers beschreibt die Veränderung vom Reneegirl, einem weiblichen Skinhead, zum „normalen“ Girlie. Die Mädchen würden gezielt angesprochen und häufig in die erste Reihe gestellt. Die Szene werde zwar immer noch von Männern dominiert, aber die jungen Frauen würden stark aufholen.

 

Frau Dröst spricht die ihrer Meinung nach zunehmende latente Ausländerfeindlichkeit an und möchte wissen, inwieweit diese Grundstimmung auch bei den ganz jungen Sympathisanten der rechten Szene eine Rolle spielen würde. Ergänzend möchte sie wissen, wie es gelingen könne, dass Kinder von zugewanderten und nichtzugewanderten Familien auch in Schulen die Freizeit miteinander verbringen würden.

Frau Akdeniz schließt die Frage an, inwieweit Ausländerfeindlichkeit salonfähig geworden sei.

Herr Schwengers bestätigt, dass es einen verstärkten Alltagsfaschismus gebe, der quer durch die Bevölkerung gehe. So zeige eine neuere Untersuchung der Friedrich-Ebert-Stiftung, dass ca. 10 % der Bevölkerung gerne einen neuen Führer hätte und dass die Ausländerfeindlichkeit in den Bereich von ca. 30 % bis 35 % gehe. Die Jugendlichen seien dabei aber die wesentlichste Gruppe, da für die rechte Szene -wie in keiner anderen politischen Richtung- die Jugendlichen die wichtigste Zielgruppe darstelle. Aber daneben gebe es beispielhaft natürlich auch die türkische, ukrainische, russische oder kroatische Szene, die in Youtube neben der deutschen rechten Szene zu finden sei und die sich einen Wettkampf liefern würden, wer der größte „Bösewicht“ sei. Dies solle aber keine Rechtfertigung oder Verharmlosung sein. Denn auch wenn sich die rechte Szene in verschiedenen Ländern gleichen würde, sei dies noch längst keine Rechtfertigung für diese Gesinnung.

 

Frau Akdeniz möchte wissen, wo der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) bei der Fülle von rechten Bewegungen einzustufen sei.

Herr Schwengers beschreibt die rechte Jugendbewegung in seiner facettenreichen Bandbreite von den relativ biederen Sympathisanten bis hin zu gewaltbereiten Terrorzellen, wozu die NSU gehöre.

 

Frau Stellmacher bemerkt, dass Ihrer Meinung nach seit Jahrzehnten der Staat auf dem rechten Auge blind sei und dass Aktionen von „Linken“ wesentlich schärfer verfolgt würden als Aktionen von „Rechten“. Sie spricht auch von einer gewissen Akzeptanz dem rechten Gedankengut gegenüber, die sie nicht verstehen könne.

Herr Schwengers erklärt, dass die Justiz leider oft nur die Straftat, nicht aber die dahinter stehende Ideologie für die Urteilsfindung berücksichtige.

„Sascha“ vermutet, dass es sich hierbei auch um ein Schönfärben der Statistiken handeln könne, da man in der eigenen Kommune nicht zu viele rechtsorientierte Straftaten verzeichnet haben möchte.

 

Frau Dröst stellt fest, dass diese jungen Menschen irgendwann als Vertreter einer von Vielen wählbaren Partei auch im Schwerter Rat sitzen könnten. Sie frage sich deshalb, was getan werden könne, um diesen jungen Menschen klar zu machen, dass sie nicht auf dem richtigen Weg seien.

Herr Schwengers antwortet, dass die Verhältnisse in Schwerte und auch im Ruhrgebiet noch weit entfernt von denen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern seien. Dort finde man auch eine ganz andere Akzeptanz. Hier würden ethnisierte Auseinandersetzungen mit die größten Gefährdungspunkte bilden.

 

Herr Aydin möchte wissen, wie man sich diesen Jugendlichen gegenüber verhalten solle.

Herr Schwengers und „Sascha“ fänden es fatal, wenn diese Jugendlichen aufgegeben würden. Es sollte schon eine Wertschätzung des Menschen geben, aber auch klar gesagt werden, dass diese „rechte“ Einstellung schlecht sei und abgelehnt würde. Auf keinen Fall sollte der Jugendliche aufgegeben oder ausgeschlossen werden, da er hierdurch sehr schnell in eine Märtyrerrolle gedrängt würde. Eine Möglichkeit sei das Aufgreifen von ideologischen Widersprüchen. So könne z.B. das Essen von Dönern oder der Konsum von Rauschgift angesprochen werden, was beides in der rechten Szene verpönt sei, aber auch immer wieder praktiziert werde. Das Aufzeigen von Widersprüchen könne so bei noch nicht ganz gefestigten „Rechten“ zu einer ideologischen Verunsicherung führen.

 

Frau Dröst fragt, ob das Jugendamt Möglichkeiten habe, frühzeitig einzugreifen.

„Sascha“ entgegnet, dass in seinem Fall das Jugendamt an keiner Stelle eingegriffen habe.

 

Auf die Frage von Herrn Aydin, welche Tätowierungen in der rechten Szene getragen würden, antwortet „Sascha“, dass es sich hierbei vorwiegend um Symbole handeln würde, die sich an die keltische oder heidnische Kultur anlehnen würden. Hinzu kämen noch Motive, die dem Nationalsozialismus entnommen seien.

 

Frau Akdeniz fragt, welche Möglichkeiten die beiden Referenten für den Integrationsrat sehen würden, sich mit dem Thema noch weiter zu beschäftigen und eventuell auch Projekte anzustoßen.

Herr Schwengers geht kurz auf schon laufende Projekte ein, erwähnt aber auch, dass ihm wichtig sei, dass bei der Thematik genau und ehrlich hingeschaut werde solle und eine differenzierte Position eingenommen werden müsse. Eine Unterscheidung nur nach „Gut“ und „Böse“ und auch das Hin- und Herschieben des „Schwarzen Peter“ helfe hier nicht weiter.